Archäologiebüro

ABD-Dressler

Archäologie Bauforschung Denkmalpflege

ABD-Dressler

„Fluchtpunkt Entenschnabel“ - Die Tunnelbauer von Glienicke/Nordbahn


Fluchtpunkt „Entenschnabel“ –

Die Tunnelbauer von Glienicke/Nordbahn

Von Thomas Claus und Torsten Dressler
Im Januar 1962 graben die Glienicker Zwillinge Bruno und Günther Becker an der Oranienburger Chaussee einen der ersten Tunnel von der DDR in den Westen und verhelfen so 28 Personen zur Flucht in die Freiheit. Es ist die zweite Tunnelflucht nach dem Mauerbau am 13. August 1961 und die erste, die von Ostdeutschen gegraben wird, und das, ob- wohl die abgeriegelte Berliner Sektorengrenze in den ersten Monaten nach dem Mauerbau immer undurchdringlicher geworden war und das SED-Regime schon den Versuch der „Republikflucht“ mit drakonischen Strafen belegt.

Kein Wunder, dass es mitten im Kalten Krieg zu einem propagandistischen Schlagabtausch kommt, der der DDR politisch schadet. Als die Fluchtgeschichte der Familie Becker von einer deutsch-amerikanischen Filmgesellschaft verfilmt werden soll („Tunnel 28“), reagiert das Ministerium für Staatssicherheit (MfS) verschärft, unter anderem mit Häuserabrissen, Zwangsumsiedlungen und Repressionen der Einwohner von Glienicke-Nordbahn. Doch noch vor der Filmpremiere von „Tunnel 28“ im Herbst 1962 gelingt, nur etwa hundert Meter von der ersten Fluchtstelle der Beckers entfernt, eine weitere spektakuläre Tunnelflucht der Glienicker Familie Thomas im Mai 1962. Da die Flüchtlinge fast ausnahmslos Rentner waren, berichten die West-Berliner Medien ausführlich, was zu erneuten Umsiedlungs- und Abrissmaßnahmen führt. Die Spirale der Drangsalierung endet erst mit der erneuten Flucht von 13 Personen durch den Aagaard- Tunnel in der Ottostraße im März 1963. Nun werden der sogenannte „Entenschnabel“ Am Sandkrug, aber auch die Oranienburger Chaussee, die Ottostraße, die Karl-Marx- Straße und die Jungbornstraße in Glienicke-Nordbahn endgültig zum Sperrgebiet.

Davon ist über 50 Jahre nach Errichtung der Mauer nichts mehr zu sehen. Zusammen mit dem Archäologen Torsten Dressler, der über das Thema Berliner Mauer und Fluchttunnel promoviert, hat sich das Filmteam auf Spurensuche in Glienicke-Nordbahn und Umgebung begeben. Zudem wurden diverse Zeitzeugengespräche geführt sowie altes Film- und Archivmaterial gesichtet und umfassend ausgewertet. Das Ergebnis mehr als 25 Jahre nach dem Fall der Mauer im November 1989: der ehemalige Grenzabschnitt in Glienicke/Nordbahn stellt eine exemplarische Geschichte des menschenverachtenden Grenzregimes und seiner Überwindung dar.

An der Fernsehdokumentation haben sich freundlicherweise mehrere Glienicker Bürgerinnen und Bürger sowohl als Zeitzeugen als auch als begeisterte Laiendarsteller an verschiedenen Drehorten in Glienicke-Nordbahn tatkräftig beteiligt.
Text aus dem Glienicke Kurier, Oktober 2015.


Die RBB-Fernsehdokumentation
Fluchtpunkt „Entenschnabel“ -
Die Tunnelbauer von Glienicke/Nordbahn

Am Dienstag, den 3. November 2015
wurde die Dokumentation
um 20.15 Uhr im RBB
in der Reihe „Geheimnisvolle Orte“
erstausgestrahlt.


Die Fernsehdokumentation wurde mit Mitteln der
Bundesstiftung zur Aufarbeitung der SED-Diktatur gefördert
und ist eine Gemeinschaftsproduktion von RBB und
claus + preuss filmproduktion GbR,
Fachberatung von Torsten Dressler © 2015.


Artikel in der Märkischen Onlinezeitung
vom 28.10.2015
über die Präsentation des Films
am 26. Oktober
in der Alten Halle in Glienicke/Nordbahn

Stacks Image 17614
Stacks Image 17616